PD Dr. med. Florian Strasser

Facharzt FMH Allgemeine Innere Medizin,
Facharzt FMH Medizinische Onkologie,
2-jährige Weiterbildung Homöopathie (SVHA) seit 2021

Schweiz
Cancer Survivorship Fatigue Clinic / Standort Onkologie Schaffhausen
Senior Research Consultant Zentrum Integrative Medizin / Kantonsspital St. Gallen

Florian Strasser ist ein klinisch und akademisch tätiger Arzt mit Schweizer Fachausbildungen in Innerer Medizin FMH, Medizinischer Onkologie FMH, Palliativmedizin idS, und delegierter Psychotherapie FAW.

  • Sein Werdegang umfasst nach dem Staatsexamen 1990 in Zürich die Weiterbildung Innere Medizin im Universitätsspital Zürich (Immunologie, Infektiologie, stationäre Innere Medizin) und dem Kantonsspital Winterthur, gefolgt von der Weiterbildung in Medizinischer Onkologie am Inselspital Bern und Palliativmedizin am M.D. Anderson Cancer Center in Houston, TX.
  • Nach der Rückkehr in die Schweiz 2002 in die Abteilung Onkologie / Hämatologie des Kantonsspital St. Galleb entwickelte Florian Strasser die Ernährungs- und Müdigkeitsprechstunde, arbeitete als doppelt zertifizierter Onkologie und Palliativmediziner in der ambulanten, konsiliarischen und stationären onkologischen Palliativmedizin, baute ein Forschungsteam onkologische Palliativmedizin auf, gründete die SAKK Working Group Supportive & Palliative Care.
  • Er habilitierte 2009 als erster Medzinischer Onkologe in onkologischer Palliativmedizin und leitete zwei Chair-Terms die ESMO (European Society Medical Oncology) Workinggroup Palliative Care resp. Designated Centers WG.
  • Hauptthemen der Forschung umfassten Tumorkachexie und Ernährung, Symptomassessment und -Monitoring, Fatigue, Integration von Onkologie und Palliativmedizin und Uebergangs-Phänomene am Lebensende.
  • 2012 erfolgte ein wesentlicher gesundheitlicher Einschnitt. Von Herbst 2018 bis Frühling 2021 entwickelte Florian Strasser die stationäre Integrierte Onkologische Rehabilitation und Cancer Fatigue Clinic als Chefarzt der Klinik Gais.
  • Er engagiert sich weiterhin als Co-Präsident Oncoreha.ch, bietet ambulante Sprechstunden “Cancer Fatigue Clinic” sowie “supportiv-palliativ-rehabilitativ-integrativ” an und arbeitet als “senior research consultant” im Zentrum Integrative Medizin des Kantonsspital St. Gallen.
  • Seit 2021 absolviert er 2-jährige Weiterbildungen in anthroposophisch-erweiterter Medizin (AAA) sowie Homöopathie (SVHA). Die Schwerpunkte der klinischen und akademischen (> 140 Originalarbeiten, h-Index 51) Arbeit fokussieren auf Stärkung der inneren und äußeren Kraft von krebsbetroffenen Menschen in allen Phasen der Krebserkrankung und Förderung einer menschennahen, transprofessionellen und -disziplinären Medizin.

Eröffnungsvortrag

Integration der Integrativmedizin in die Onkologie –
Transdisziplinäre Vielfalt im wissenschaftsbasierten (Öko-)System

Integration ist eine Lebensrealität für uns alle: Soziologisch bedeutet Integration „Einbezug bisher ausgeschlossener Individuen oder Gruppen“, etwas „Integriertes“ ist Teil eines größeren Ganzen und Integration hat mit „erneuern“ und „neu beginnen“ zu tun.
Die Integration verschiedener Medizinwelten oder -systeme erfordert eine bewusste und aktive Integrationsleistung und Bereitschaft der Individuen, manchmal ist eine einseitige Integrations-Vorleistung zielführend.

An den Beispielen der Integration von Onkologie und der Palliativmedizin, der Ernährungsmedizin und der Rehabilitation können Erkenntnisse aus Integrationsprozessen, individueller Voraussetzungen und wissenschaftsbasierter Evidenz Impulse für die Integration der Integrativmedizin in die Onkologie vermitteln und Fragen bewusst(er) machen.

Eine erfolgreiche Integration erfordert von beiden Seiten ein authentisches Interesse und zwingend vertiefte Kenntnisse (sowie klinische Erfahrung) im anderen Fachgebiet. Für die Integrativmedizin bedeutet dies die Entwicklungen der modernen Onkologie und der Palliativmedizin verstehen zu wollen und wertschätzend anzuerkennen. So kann eine zutiefst gelebte „Doppelsprachlichkeit“ die Potentiale der beiden Fachgebiete in neue Synergismen führen.

Transdisziplinarität – in Weiterentwicklung der Interdisziplinarität – kann Folgendes bedeuten: die innere Bereitschaft das Denken und Fühlen, die Leidenschaft, und auch die Forschungsmethoden der anderen Disziplin suchend verstehen zu wollen und gewisse Elemente in die eigene klinische (und akademische) Tätigkeit zu integrieren, dies in der notwendigen Achtsamkeit, De-Mut und Selbstreflektion.

Auf dieser Entdeckungsreise werden onkologische Themen der Komplexität („Hallmarks of Cancer“, multimodale, personalisierte Onkologie), des Systemischen und Regulativen (z.B. Tumorstroma, Mindset, Gut-Brain und Microbiom), der Salutogenese (Bewegung, Ernährung, Psychoonkologie, Rhythmen) und Kombinationsbehandlungen (systemische Krebstherapie in palliativer Intention) beleuchtet. Dabei wird manifest, wie Disziplinen sich entwickeln und Gemeinsamkeiten sichtbar(er) werden (können) für das hinschauende Auge.

Toleranz (und gegenseitige Wertschätzung) erfordert bewusste und gegenseitige Offenheit und Transparenz, dies sowohl des klinischen Vorgehens wie auch der wissenschaftlichen Grundlagen (Ergebnisoffenheit, Methoden-Repertoire, Forschungslücken) und der (soweit selbst-reflektiv zugänglich) Abhängigkeiten (z.B. ökonomisch, sog. Patientenpräferenz, eigenes Wertesystem resp. Erfahrungswelt). Für die Transparenz ist eine offene Betrachtung des Wissenschaftsbegriffs resp. der Wissenschaftlichkeit wichtig wie auch das Hinterfragen von Paradigmen oder sogar Glaubensätzen (Monokausalität bei RCTs, Komplexität kann nicht erforscht werden).

Diese Betrachtungen können (und sollen) Mut machen gemeinsam, ko-kreativ, neugierig, und engagiert eine menschennahe, nachhaltige Medizin für uns und mit uns weiterzuentwickeln. Dazu ist essentiell die Unwissenheit („Illiteracy“) des anderen Fachgebietes aktiv zu überwinden und gefühlte  Alleinstellungsmerkmale (Ganzheitlichkeit, Komplexität, u.a.) wertschätzend beim Anderen auch anzuerkennen.

Vortrag

Ernährung des krebsbetroffenen Menschen
Update Kachexie, Prävention und Mikrobiom

Für krebsbetroffene Menschen ist die Ernährung ein vitales Thema, da Ernährung ein Lebensbereich ist, den sie (fast immer) selber beeinflussen können. Das Spektrum an Themen reicht von Essen, sodass der Krebs nicht oder nicht wieder kommt, zu Essen für eine bessere Verträglichkeit und Wirksamkeit der krebsgerichteten Therapien und Beeinflussung der Krebserkrankung und Verlängerung der Lebenszeit.

Oft überlappen sich diese Themen – beim Leben mit einer unheilbaren, fortgeschrittenen Krebskrankheit ist sowohl eine Ernährung mit genug Nährstoffen wie auch eine tertiär-präventive Ernährung von Bedeutung.

Das Verständnis der Tumorkachexie hat sich seit der Konsensusdefinition (Lancet Oncol 2011) weiterentwickelt, sowohl bezüglich klinischer Charakterisierung wie bezüglich Mechanismen. Neue Guidelines (ESMO [European Society Medical Oncoogy] 2021, ASCO [American Society Clinical Oncology] 2021 und ESPEN [European Society Parenteral Enteral Nutrition] 2021) dokumentieren dieses Verständnis und geben Hinweise zum modernen Management. Dabei werden auch psychosoziale Elemente und Aspekte der krebsgerichteten Behandlung und der Palliativmedizin diskutiert.

Ernährung zur primären, sekundären oder tertiären Prävention ist für alle krebsbetroffenen Menschen ein wichtiges Thema, dazu gehört auch das nicht-Essen, wie auch oft ein Anliegen Nahrungsmittel auszuwählen, welche nachhaltig sind für unseren Planeten.

Die Datenlage bezüglich antitumoraler, supportiv-protektiver und immunologie-modulierender Wirkung nimmt zu für anti-entzündliche Diät, nicht-tierische Eiweißquellen, kohlenhydratarme Kost, biologisch produzierte und wenig verarbeitete Nahrungsmittel sowie verschiedene Fastenformen (Tee-, Buchinger-, Intervall, 1/7, 5&2 Tage Fasten, u.v.a.) wie auch (CRM) caloric-restriction mimetics und FMD (fasting-mimicking diets).

Die Rolle des Microbioms gewinnt insbesondere im Zusammenhang mit der modernen Immun-Onkologie an Bedeutung, auch wenn erst assoziative Erkenntnisse vorliegen und (noch) keine belastbaren Interventionen.

Die onkologische Ernährungsmedizin muss außerdem psycho-onkologische und oft auch geistig-seelische Aspekte mitberücksichtigen und die Angehörigen in die Beurteilung und die Interventionen einbeziehen.